Seitdem ich begonnen habe, mich mit Handlettering zu beschäftigen, bekam ich immer mehr Klarheit über die Form und die Struktur von Buchstaben. Die Beschäftigung mit den Details hat mein Design erheblich verbessert. Die Gestaltung von Buchstaben auf dem Papier wurde zur regelmäßigen Übung, die mit der Zeit immer leichter fiel. Das bessere Verständnis von Buchstaben und deren Aufbau führte auch dazu, sich mit Fonts besser auszukennen. Beim Anblick von Schriften fallen mir sofort Details ins Auge, die ich vorher nicht sehen konnte. Natürlich ist das Gestalten eines eigenen Fonts immer eine Überlegung wert gewesen, jedoch hatte ich immer zu viel Respekt vor der immensen Arbeit, die eine Font Entwicklung mit sich bringt. Aber eines war immer klar. Sollte ich einen Font entwickeln, musste es ein Script Font sein.
Wie kam es zu Roberts Script Font
Roland Hüse
Roland ist Typedesigner aus Ungarn und hat zur gleichen Zeit mit dem Handlettering begonnen wie ich. Wir hatten uns bei der seanwes Community damals kennengelernt. Einige Fonts hat er schon für sich oder in Kollaboration mit anderen Designern produziert. Die Arbeit mit der Font Software Glyphs ist sein Zuhause. Wir hielten immer wieder losen Kontakt und tauschten uns aus auch nach unserer Mitgliedschaft bei seanwes.
Irgendwann fiel dann doch die Entscheidung, einen Font gemeinsam zu produzieren. Wir haben die Arbeit so aufgeteilt, dass ich mich mehr um das Design kümmere und Roland die Produktion mit Glyphs übernimmt. Gesagt getan und der Start unseres Font Projekts war besiegelt. Hier zeige ich dir Stationen der Entwicklung, damit du eine Vorstellung bekommst, was es braucht, einen Font zu gestalten und ihn benutzbar zu produzieren. Es ist schon ein Riesenvorteil, wenn du jemanden hast, der sich mit der Software Glyphs sehr gut auskennt und dabei auch gutes Designverständnis hat.
Die Gestaltung
Script Buchstaben mit einer gewissen Konsistenz und gestalterischer Freiheit war meine erste Wahl, da ich in meinen Lettering und Logoprojekten genug Praxiserfahrung gesammelt hatte mit diesem Stil. Ich fühlte mich relativ sicher und habe begonnen, erste Skizzen anzufertigen. Zuerst machte ich Experimente mit einem Buchstaben und lotete dabei viele verschiedene Stile bei einem „a“ aus. Nachdem wir unsere Wahl getroffen hatten, zeichnete ich die restlichen Buchstaben des Alphabets in genau diesem Stil.
Stil Konsistenz bei einem Script Font
Die Herausforderung bei einer Font Gestaltung ist, den gestalterischen Charakter in allen Buchstaben erkennbar zu machen, damit die Buchstaben zusammen familiär wirken und harmonisch in allen Kombinationen interagieren. In der Skizzenphase ist es nicht möglich, bis ins letzte Detail jeden Buchstaben mit jedem aufeinander abzustimmen. Es ist ein Prozess, der Schritt für Schritt funktioniert. Aber behalte immer im Hinterkopf, welche Details des Stils bei jedem Buchstaben eingesetzt werden könnten. Nach der ersten Skizzenphase gab es eine Zweite, wo die Buchstaben nochmal korrigiert wurden in ihrer Form und in ihren Sonderformen wie z.B. der Dollar oder der Euro. Sobald die Skizzen einen finalen Status haben, können sie in Glyphs zur Weiterverarbeitung vektorisiert werden.
Glyphs
Diese Software ist spezialisiert auf das Gestalten von Fonts. Es ist ein Vektorprogramm entwickelt von Georg Seifert, welches weltweit für die Entwicklung von Schriften genutzt wird. Es ist praktisch wie Illustrator, aber nochmal viel spezialisierter auf die Anforderungen, die eine Produktion einer ganzen Schrift mit sich bringt. Hier unten siehst du ein Beispiel einer Nahaufnahme des Buchstabens “n” in Vektorform.
Anpassungen, Anpassungen, Anpassungen
Nun steht der Font als Vektordatei zur Verfügung. Jetzt geht es darum, wirklich alle Buchstaben und Sonderzeichen und Zahlen komplett als Vektordatei zur Verfügung zu haben. Was fehlt, wird jetzt nachgeholt. Stehen alle Zeichen, beginnt nun ein Marathon an Korrekturen von fast jedem einzelnen Element. Das kann dann durchaus in Illustrator oder direkt in Glyphs passieren. Also es geht um die Form des Buchstabens, die Dicke der Striche, die Neigung, das Volumen, die Verbindung zum nächsten Buchstaben.
All das wird unter die Lupe genommen und immer wieder korrigiert, damit sie einheitlich wirken. Bei einer derartigen Vielzahl an Elementen, die einen Font ausmachen, dauert diese Phase besonders lange. Es ist nicht möglich, Korrekturen einmal vorzunehmen und dann stimmt alles. Pausen sind ganz wichtig zwischen den Änderungen. Mit etwas Abstand zum Projekt siehst du plötzlich wieder neue Details, die optimiert werden können. Bei Robert’s Font gibt es zu Beginn nur einen Schnitt. Nennen wir ihn Regular. Mit der Zeit können noch weitere Schnitte hinzukommen sowie Bold oder Light. Aber das muss nicht jetzt entschieden werden.
Hier siehst du eine Übersicht der Buchstaben und den Variationen. Allein dieser Anblick bekommst du sicher eine Ahnung wie komplex ein Font sein kann alleine durch die Anzahl der verschiedenen Buchstaben mit ihren Akzenten und Zeichen.
Verbindungen
Einer der schwierigsten Aufgaben ist sicherlich die einheitliche Möglichkeit zu schaffen, dass sich alle Buchstaben mit allen Buchstaben nahtlos und harmonisch miteinander verbinden können. Diese Detailarbeit fällt auch in diese Phase. Hier ist besonders Geschick gefragt, denn alle Buchstaben sind nicht gleich und werden an unterschiedlichen Höhen miteinander verbunden. Hier eine universelle Lösung für jeden Buchstaben zu finden ist eine Herkules Aufgabe.
Open Type
Mit Open Type Features gibt es mittlerweile tolle Möglichkeiten, einen Font variabler auszustatten. Also man kann z.B. Varianten für bestimmte Buchstaben entwickeln, die dann der User (in den gängigen Programmen ist das Aktivieren der Open Type Features vorgesehen) je nach Bedarf einsetzen kann. In diesem Font gibt es z.B. Varianten von Buchstaben, die je nach Bedarf eingesetzt werden können. Oder es gibt Formänderungen von Buchstaben, die ein Wort beenden, um das Wort etwas harmonischer enden zu lassen, als mit der Standard Form. Diese Varianten nennt man “Contextual Alternates”.
Ligaturen und Swashes
Weitere Specials gibt es bei Roberts Script Font durch die automatisierten Ligaturen (1. Bild unten), die entstehen, wenn z.B. ganz bestimmte Buchstaben aufeinanderfolgen. Auch haben wir „Swashes“ (2. Bild unten) hinzugefügt. Wenn man so will, kleine Schnörkel, die man bei einigen Buchstaben, auch über Open Type, einfach hinzufügen kann. Das gibt dem User mehr Möglichkeiten, den Font dekorativer zu gestalten, da wo es sich am besten anbietet. Eine weitere Variante sind die “Stylistic Alternates” (3. Bild unten), besser gesagt alternative Buchstaben. Du kannst wählen, den einen oder anderen Buchstaben zu verwenden, wie du es für passender beurteilst.
Diese Open Type Features müssen auch im Einsatz zu den Buchstaben passen. Es wird der Font jetzt getestet in der Verwendung. Es wird ausprobiert, wie die Buchstaben sich im ganzen Text verhalten, in verschiedenen Größen und auch invertiert auf dunklem Hintergrund. Diese Sicht bringt nochmal viele Details zum Vorschein, die korrigiert werden müssen.
Einsatzmöglichkeiten von Roberts Script Font
Roberts Script Font ist eine von Hand gestaltete Schrift mit flüssigen und weichen Formen in der Buchstabengestaltung und dazu harmonische und weiche Übergänge. Es ist ein eleganter und kursiver Font. Emotionen und Gefühle lassen sich sehr gut mit einem Script Font transportieren. Er kann sowohl für winterliche Anlässe, als auch für Kommunikationen im Sommer verwendet werden. Durch die natürliche der Handschrift ähnlichen Anmutung hat diese Schrift eine sehr persönliche, aber dennoch professionelle Ansprache.
Der Font kann in vielen Umgebungen und Anwendungen eingesetzt werden. Der Ausdruck ist freundlich und dynamisch. Ob in der Lebensmittelbranche, im Tourismus, bei Kultur- oder Musikevents. Die Vielfalt zählt zu den Vorteilen von Roberts Script Font. Hier unten siehst du, zu was der Font fähig sein kann. Uns war wichtig, dass dieser Font sehr komplett zur Verfügung steht, auch wenn es momentan erst einen Schnitt (regular) gibt. Wir werden sehen, ob und wie sich dieser Font in Zukunft weiterentwickeln wird. Wir freuen uns sehr, ihn viel im Einsatz zu sehen.
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Hier siehst du den Font mit seinen Funktionen und weiteren Anwendungsbeispielen von Roberts Script.
Hier geht es zur Website von Typedesigner Roland Hüse.
Text und Bilder: Robert Bree